Mittwoch, 05.07.2023, 11:12
Einladung zum Lunch, Jahrgangssekt beim Stehempfang, kleine Geschenke zur Pflege der Freundschaft - so stellt man sich neben der harten Schreibtischarbeit den eher geselligeren Teil der Arbeit von Diplomaten und anderen Top-Beamten vor. Im Bundesetat 2023 sind - ressortübergreifend - insgesamt rund 23 Millionen Euro für diese "Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen", im Volksmund auch: Bewirtungskosten, eingeplant.
Der Bund der Steuerzahler rügt in seinem "Sparbuch für den Bundeshaushalt 2023" den Umgang mit Steuergeld an dieser Stelle:
"Im politischen Bereich, in dem der fachliche Austausch im Gespräch oder die Vernetzung zum Wohle gemeinsamer Ziele zum Tagesgeschäft gehört, fallen naturgemäß Bewirtungsausgaben an", heißt es dort. Doch egal, ob es sich dabei um das Catering bei offiziellen Empfängen oder das Kännchen Kaffee im Vier-Augen-Gespräch handelte: "Diese vom Steuerzahler finanzierten Verfügungsmittel aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen' sollten derzeit besonders kritisch unter die Lupe genommen werden, da doch Prognosen einer gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsregression die Debatten bestimmen."
Heißt also: Während aufgrund steigender Lebenshaltungskosten die Bürgerinnen und Bürger zwischen Flensburg und Freilassing den Gürtel enger schnallen müssen, bleiben staatliche Stellen davon scheinbar unberührt.
Aus dem Auswärtigen Amt (AA) heißt es dazu: "Die Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen' sind Kosten, die im Zusammenhang mit der dienstlichen Kontaktpflege und repräsentativen Verpflichtungen der Beschäftigten an den Auslandsvertretungen entstehen."
Und weiter: "Funktionierende Arbeitskontakte in die Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, in den Kulturbereich, zu Nicht-Regierungsorganisationen und zu Behörden des Gastlandes sind unverzichtbar, damit die Auslandsvertretungen ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können." Warum es dazu immer ein Getränk, ein Essen oder auch beides braucht, wird nicht erläutert.
"Der Aufbau und die Pflege von Kontakten sowie die Schaffung von Netzwerken mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Gastland gehört daher zu den Pflichten aller Angehörigen des Auswärtigen Dienstes nach dem Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD). Die Beschäftigten erhalten die notwendigen Kosten gegen Einzelabrechnung erstattet."
Laut AA sind Veranstaltungen zur dienstlichen Kontaktpflege etwa Einladungen zu informellen Gesprächen im kleinen Kreis oder auch Veranstaltungen für einen größeren Gästekreis wie zum Beispiel Empfänge anlässlich des Tags der Deutschen Einheit. "Weitere Anlässe sind unter anderem Besuche von Delegationen und Einzelreisenden aus dem Deutschen Bundestag, der Bundesregierung, von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer sowie aus Wirtschaft und Kultur, denen bei Veranstaltungen die Gelegenheit gegeben wird, sich mit lokalen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern auch informell auszutauschen."
"Bis einschließlich 2019 wurde zur Deckung der Kosten der dienstlichen Kontaktpflege den entsandten Beschäftigten an den Auslandsvertretungen eine pauschale Aufwandsentschädigung mit den Bezügen ausbezahlt."
Zum 01.01.2020 habe das Auswärtige Amt dann auf Empfehlung des Bundesrechnungshofs ein neues System der Finanzierung der Kontaktpflege eingeführt, um einen effizienteren Mitteleinsatz zu gewährleisten. "Veranstaltungskosten werden seither gegen Einzelabrechnung erstattet."
Für diesen Systemwechsel wurden laut AA 80 Prozent (rund 12 Millionen Euro) der bis dahin mit der pauschalen Aufwandsentschädigung über die Bezüge gezahlten Beträge in den Titel "Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen" umgesetzt. "Es handelt sich also nicht um einen Aufwuchs im Sinne von Mehrausgaben, sondern um eine Umschichtung von Mitteln aus anderen Titeln."
Ausgezahlt wurden in diesem Jahr bislang rund 4,5 Millionen Euro für Veranstaltungen der dienstlichen Kontaktpflege. "In der zweiten Jahreshälfte fallen erfahrungsgemäß die größeren Ausgaben an, vor allem durch die Veranstaltungen aus Anlass des Tags der Deutschen Einheit."
Deutschland unterhält insgesamt 226 Auslandsvertretungen. Darüber hinaus gibt es 322 Honorarkonsuln, die ehrenamtlich tätig sind und deren finanzielle Aufwendungen ebenfalls aus demselben Budget gedeckt werden.